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Radewege - Teil 2

Die Saale in Jena – ein Paradies für Radler?


Noch lange nicht. Der 427 km lange Saale-Radwanderweges gehört zu einem der beliebtesten Radwanderwege Deutschlands. Doch lässt er gerade auf dem 10 km langen Streckenabschnitt bei Jena das Flusserlebnis arg vermissen. Die Streckenführung ist alles andere als geradlinig und macht ein aufmerksames Schilder- und Kartenstudium notwendig. Die Wegeführung ist nicht wirklich flussnah, sodass die Saale nur an wenigen Abschnitten überhaupt zu sehen, geschweige denn zu erleben ist. Auch wenn in den letzten Jahren viel in die Verbesserung der Beschilderung, der Fahrbahnoberflächen und Beleuchtung investiert wurde, blieb im Stadtgebiet der flussnahe Ausbau des Saale-Radwanderweges auf weiten Strecken unverwirklicht. Der größte Hinderungsgrund ist und bleibt dabei die Flächenverfügbarkeit. Dort wo die Stadt nicht im Besitz eigener Flächen ist, sind die Möglichkeiten für den öffentlichen Radwegebau entsprechend begrenzt. Doch auch hier sollte gelten: „Wo ein Wille ist, ist auch ein (Rad)Weg!“

Etwas anders sieht dies in den zentrumsferneren Abschnitten aus. So gab es in Richtung Porstendorf eine Umverlegung des Radwanderweges weg von der Kreisstraße auf einen bahnparallelen Weg, die 2003/2004 realisiert wurde, und von den Radfahrern gut angenommen wird. Auch hat die Stadt in ihrer Antwort auf die  Große Anfrage der Grünen angekündigt, dass sie eine flussnahe Wegeführung zwischen Kunitz und Golmsdorf zu realisieren gedenkt. Wie weit allerdings die Planungen hierzu gediehen sind, ist noch nicht bekannt.

Aufgrund der Spreizlage der Stadt Jena, die sich als Band längs der Saale und der Eisenbahntrasse von Norden nach Süden erstreckt und im Westen und Osten von umgebenden Bergen eingerahmt ist, ergibt sich für das saalenahe Radwegenetz auch eine übergeordnete verkehrsstrategische Bedeutung. So gehören vor allem die Wegeabschnitte zwischen zentrumsnahem Paradies und der Oberaue sowie Burgau, Göschwitz und Lobeda zu den wichtigen Nord-Süd-Trassen im Radwegesystem der Stadt. Eine merkliche Verlagerung des Verkehrs weg vom Auto hin auf das Fahrrad auf Strecken bis zu 10km, wird nur durch einen entsprechenden Ausbau dieser Nord-Süd-Achsen erreicht. Eine barrierefreie, ausreichend breite und flussnahe Wegeführung bedeutet dabei eine nicht unwesentliche Streckenverkürzung und Zeitersparnis. Durch die entsprechende Fahrzeitverkürzung kann das Rad so auch auf diesen Mittelstrecken als Fortbewegungsmittel im individuellen Personennahverkehr dem Auto Konkurrenz machen. Und das nicht nur am Feierabend oder in der Freizeit, sondern gerade auch auf dem Weg zur Arbeit, zur Uni oder bei kleineren Einkäufen. 

Gleichwohl die Stadt eine „saalenahe Führung insbesondere des Saale-Radwanderweges“ sehr begrüßt, sind bis 2010 vorerst keine Maßnahmen zum Ausbau des Rad- und Fußwegenetzes im Saalebereich vorgesehen[1]. Als denkbar werden in diesem Zusammenhang allenfalls „qualitative Verbesserungen“ angesehen. Dies ist im Hinblick auf den möglichen Zugewinn an Attraktivität äußerst bedauerlich. Denn erst äußerst reizvolle Saale-Landschaft wird erst durch die flussnahe Streckenführung wirklich sichtbar. Für den Radtourismus ist die Nähe zur Saale ein gewichtiger Attraktivitätsfaktor. Zumal Flussnähe und Erlebbarkeit des Wassers für viele Radfahrer zum eigentlichen Kern des Naturerlebnisses gehören.

Der Fahrradtourismus nimmt im Gesamttourismuskonzept der Stadt Jena einen hohen Stellenwert ein. Zumal Radtouristen eher anspruchsvolle Gäste sind, die bereit sind, für guten Service gut zu zahlen und Jena den Vorteil hat, in gleich zwei bedeutende überregionale Fernradwege (D11, D4) eingebunden zu sein.[2] Bei Verkehrszählungen wurden üppige jährliche Steigerungsraten ermittelt. Nutzten 1999 noch 184.000 Radler den Saale-Radwanderweg im Abschnitt Jena, waren es 2001 bereits 224.221 Radfahrer[3].

Die gastronomische Tourismusinfrastruktur profitiert insbesondere auch von den Fernradlern, die in Jena für Erholungs- und Übernachtungspausen Halt machen. 2005 wurden 34.000 Fernradler auf dem Saale-Radwanderweg gezählt[4]. Hierzu schreibt die Stadt weiter:

„Mit den Radwegen und dem Wasserwanderweg bietet Jena weiche Standortfaktoren für den Hochtechnologiestandort an, die in steigendem Maße deutschlandweit nachgefragt werden und einen Kontrapunkt zum Thüringer Wald setzen können.“[5]  

Geld bleibt in der Stadt Jena allerdings nur dann hängen, wenn die touristischen Angebote ausreichend und konkurrenzfähig sein. Der Biergarten am Burgau-Park samt der im Sommer 2007 eingerichteten „Beach-Zone“ direkt am Wasser zeigen, wie erfolgreich eine Gastronomie am Fluss ist, die sich gerade auch für die Bedürfnisse und Wünsche der Rad fahrenden Kundschaft öffnet. Ähnlich erfolgreich ist der Biergarten am Campingplatz bei Jena zwischen Porstendorf und Golmsdorf. Direkt am Wehr bietet der dortige Biergarten seinen Besuchern ein lauschiges Plätzchen am Wasser. Eine äußerst attraktive Ruhezone für Radfahrer nördlich von Jena.

Doch in Zentrumsnähe sieht es eher mau aus, wenn fahrradfreundliche Gastronomie gefragt ist. Weder am Paradies, noch in der Oberaue finden sich Cafés oder Biergärten an der Saale, noch nicht einmal ein Kiosk gibt es dort. Wenn der kleine Hunger kommt, oder sich der große Durst meldet, ist der Radaktivist gezwungen, sich einen Weg in die Stadt zu bahnen. Oder er bleibt auf dem Saale-Radweg und verlässt die Stadt hungrig und durstig auf der Suche nach einer besseren Gelegenheit für eine Rast und spart sich sein Geld auf für später. Ganz davon abgesehen, dass sich auch all die anderen Paradiesgänger und Saale-Besucher darüber freuen würden, egal ob sie nun per Rad oder zu Fuß unterwegs sind.


Wofür wir uns einsetzen:

  •  Ausbau des Radwegenetzes an der Saale
  • flussnahe Streckenführung des Saale-Radwanderweges 
  • Schaffung gastronomischer Angebote, die auch für Radtouristen und andere Bewegungsaktive attraktiv sind
  •   Schaffung einer Tourismusinfrastruktur, die für Flusswanderer und Radfahrer gleichermaßen geeignet ist
  • Ausbau des städtischen Radverkehrswegesystem
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[1]Antwort der Stadtverwaltung (Januar 2008) auf die Große Anfrage der SPD-Fraktion „Von Brücke zu Brücke: Jena an die Saale“ zur Integration der Saale in ein nachhaltiges Stadtentwicklungskonzept vom Oktober 2007; S. 16

[2]Die D 11 Route, „Radweg Thüringer Städtekette“ ist Bestandteil der Mitte-Deutschland-Route und die D 4 Route „Saale-Radwanderweg“ ist Bestandteil der Deutschen Ostsee-Küsten–Oberbayern-Verbindung.

[3]Antwort der Stadtverwaltung auf die „Große Anfrage“ der Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen ”Radverkehr in der Stadt Jena”, eingereicht Okt 2001, beantwortet durch Stadtverwaltung im Februar 2002

[4]Antwort der Stadtverwaltung (Januar 2008) auf die Große Anfrage der SPD-Fraktion „Von Brücke zu Brücke: Jena an die Saale“ zur Integration der Saale in ein nachhaltiges Stadtentwicklungskonzept vom Oktober 2007; S. 7

[5]ebd.

 

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